Sterbehilfe

Diskurs zum Thema Sterbehilfe von Swami Suryananda, Juli 2014

Was ist Sterbehilfe?

Göttliche Freunde. In den vergangenen Wochen haben wir in den Nachrichten viel über Adharma und Töten zu sehen bekommen. Ein Flugzeug wurde über der Ukraine abgeschossen, und im Dauerkonflikt zwischen Israel und Palästina gab es Zwischenfälle. Im heutigen Zeitalter wird Töten oft als Lösung für ein Problem angesehen.

Wir leben derzeit im Kali Yuga – das ist das Zeitalter der Zerstörung.

Es gab noch ein weiteres Thema in den Nachrichten, das sich in unserer unmittelbaren Nähe abspielt – die Diskussion um Sterbehilfe. Jeder von uns ist davon betroffen. Diese Diskussionen über Sterbehilfe wiederspiegeln, wie die heutige Gesellschaft Zerstörung als Lösung für ein Problem gelten lässt. Wir sahen, wie hochkarätige Persönlichkeiten sich öffentlich zur Sterbehilfe bekannten.

Lasst uns verstehen, was „Sterbehilfe“ bedeutet.

Sterbehilfe bedeutet, dass jede Person, die unheilbar krank ist und noch eine Lebenserwartung von weniger als sechs Monaten hat, das Recht hat, eine tödliche Dosis Medikamente von einem Arzt verabreicht zu bekommen, um sich das Leben zu nehmen. Göttliche Freunde, dies sollte die Alarmglocken in euren Ohren zum Schrillen bringen. Wie kann jemand sagen, wie lange ein Mitmensch noch zu leben hat? Sechs Monate ist eine willkürliche Zahl. In unserem Hospiz kümmerten wir uns oft um Menschen, denen gesagt wurde, dass sie in den nächsten paar Monaten sterben … und sie lebten noch jahrelang.

Versetzt euch in die Lage von jemandem, der gerade mit einer unheilbaren Krankheit diagnostiziert wurde. Deine Welt bricht zusammen. Alles Bekannte wird in Frage gestellt. Du musst die Krankheit behandeln und mit dem Druck klarkommen, deine Aufgaben gegenüber Familie und geliebten Menschen zu erfüllen. Du überprüfst dein ganzes Leben und deinen bevorstehenden Tod. Der Sinn des Lebens, das Ziel des Lebens – deine Beziehung zu Gott rückt in den Mittelpunkt. Was geschieht, wenn du stirbst? All diese Fragen beherrschen deine Gedanken.

Du bist sehr verwundbar an diesem Punkt … sehr verwundbar. Und es ist wichtig, dass unsere Gesellschaft sich um die Schwachen und Anfälligen kümmert. Wir können Niedergeschlagenheit, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit mit Liebe verändern – mit der Kraft der gelebten Liebe.

In Großbritannien haben wir sehr, sehr gute Palliativversorgung, sowohl in den Gemeinden als auch in unseren Krankenhäusern und Hospizen. Wollen wir dabei zusehen, wie diese palliativen Pflegeeinrichtungen sich in Euthanasie-Kliniken verwandeln? Ich glaube nicht. Es muss das Ziel der Palliativversorgung sein, ein möglichst zuträgliches Umfeld zu schaffen, damit ein Mensch im Bewusstsein der Liebe sterben kann.

Töten ist keine Lösung für ein Problem

Ein wichtiger Faktor, der in vielen der Gespräche über Sterbehilfe zu fehlen scheint, ist die Gnade Gottes.

Wir besitzen unsere Körper nicht … wir besitzen unsere Eltern nicht, wir besitzen unsere Kinder nicht. Wir sind nur die Hüter dieser Körper. Sie wurden uns zu einem Zweck gegeben  – dieser Zweck ist, dass wir durch die Liebe unsere Göttlichkeit und das Potenzial der Menschheit, in Eintracht zu leben, erkennen und merken, dass wir alle dasselbe Ziel verfolgen. Wenn wir anderen dienen und so unsere Liebe zum Ausdruck bringen, können wir unsere eigene Göttlichkeit und die Göttlichkeit in jedem einzelnen von uns erkennen.

Wenn wir zu einer sterbenden Person sagen, „Es ist OK, dein Leben zu beenden … es ist OK, Selbstmord zu begehen“, dann verurteilen wir. Wir sagen: „Dein Leben ist wertlos … es ist keinen Pfifferling wert … beende es.“ Die Selbstmord-Befürworter sagen in Wahrheit: „Wenn jemand leidet, wenn jemand Beschwerden hat … hier ist unsere Lösung für das Problem:. NIMM DIR DAS LEBEN.“ Göttliche Freunde, es ist sehr gefährlich, solche Werte in unserer Gesellschaft zu pflegen.

Sterbende Menschen gehen auf ihrer Reise durch viele Höhen und Tiefen. Wenn man im Sterben liegt, wird man oft sehr empfindsam gegenüber den Schwingungen der Menschen, die einen umgeben… das Pflegepersonal, das für einen sorgt, die Ärzte, die Krankenschwestern, die Familienmitglieder … weil deine Welt klein und du so völlig schutzlos und verwundbar geworden bist. Du wirst dir sehr bewusst und spürst genau, wie diese Menschen dein Zimmer betreten, wie sie dich berühren, wie sie dir Medikamente verabreichen.

Wenn nun unter der Schwingung einer Pflegeperson etwas mitströmt wie „Dein Leben ist nichts wert“ – was denkst du, wie wirkt sich das auf dich aus? Du bist bereits in einer sehr verwundbaren Lage… wie wirkt sich das auf dich aus? Du wirst dich als Last fühlen – für deine Familie, Angehörigen und die ganze Gesellschaft.

Wenn wir Sterbehilfe unterstützen, ist es nur ein kleiner Schritt, bis wir sagen: „Wäre es nicht besser, unsere Ressourcen für die Jungen zu nutzen? Sich um diejenigen zu kümmern, die noch Jahre zu leben vor sich haben…. Menschen, die einen Beitrag für die Gesellschaft leisten können, die Rechnungen und Steuern bezahlen? Warum geben wir so viel Geld für die Betreuung der älteren Menschen, der Kranken und Sterbenden aus? Sie leiden sowieso! “

Wenn wir diese Grenze überqueren, wenn wir sagen: „Dein Leben ist wertlos“, dann fällt unsere Gesellschaft in den Abgrund.

Achtsame Verwendung von Medikamenten ermöglicht einen friedlichen Tod

Ich möchte euch gerne von einem Erlebnis erzählen, das ich neulich mit jemandem hatte, der unheilbar krank war. Ich besuchte ihn in seinem Pflegheim. Als ich dort ankam, war er äußerst verstört. Er sagte immer wieder „lass mich los, lass mich los.“

Nun, dieser Mann wollte sterben – er hatte die Diagnose Krebs im Endstadium, er stand kurz vor dem ihm mitgeteilten Zeitpunkt seines Todes. Gemäss dem neuen Gesetzesentwurf würden die Pfleger jetzt Sterbehilfe vorschlagen, denn sein Leben war nun „wertlos“. Ich werde jetzt erklären, warum dies so falsch ist:

Durch die sorgfältige Verwendung von Beruhigungs- und Schmerzmitteln stabilisierte sich sein Zustand allmählich. Ich sass viele Stunden an seiner Seite. In dieser Nacht war ein Marie-Curie-Pfleger für ihn zuständig. Dieser Pfleger war sich der Bedürfnisse des Patienten sehr bewusst – er ging sehr achtsam mit der Schwingung um, die er als Pfleger mit sich brachte. Was für ein bewundernswerter Mensch dieser Pfleger war.

Dieser Pfleger wusste wirklich, wie man Medikamente auf konstruktive Weise einsetzt, um das Leiden zu lindern. Nicht den Körper so zu überlasten, dass der Patient stirbt oder in einen rein vegetativen Zustand versetzt wird … sondern so, dass der Patient die Zeit und den Raum erhält, um friedlich zu sterben, auf natürliche Art, ohne Schmerzen. So, dass er ganz natürlich loslassen kann.

Am nächsten Tag, als ich wieder beim Patienten sass, wurde seine Atmung ganz allmählich schwächer. Und es war eine so schöne Schwingung im Raum … sehr, sehr schön. Und ich konnte fast sehen, wie ein feiner Faden die Seele des Patienten mit seinem Körper verband – wie ein Spinnennetz, und der Faden wurde immer dünner und dünner. Ich hatte fast das Gefühl, als könnte ich auf diese Schnur blasen, und sie würde zerreissen.

In diesem Moment habe ich verstanden, was für ein Trauma es auslöst, wenn man das Leben vorzeitig beendet. Indem man die Verbindung zwischen Seele und Körper vorzeitig durchschneidet, würde man das Potenzial solch tiefgründiger Schönheit mit den Füssen treten. Die Verbindung muss auf natürliche Weise reissen, in respektvoller Akzeptanz der natürlichen Ordnung der Dinge. Als Gesellschaft haben wir durch das Ausserkraftsetzen der Natur schon zu viel Leid verursacht.

Kurz bevor der Patient seinen letzten Atemzug nahm, gab es eine gewaltige Manifestation der Gnade Gottes. Es war völlig überwältigend – nicht wie ein brechender Damm, sondern eher wie ein Damm, der sich einfach auflöst. Eine sofortige Flut von Gnade, und eine ekstatische Freude zu wissen, dass diese Jeeva, dieses Leben von Gott aufgenommen wurde im Bewusstsein überwältigender, bedingungsloser Liebe.

Ich habe wirklich verstanden, wie wichtig und was für ein Privileg es ist mitzuhelfen, damit mehr Menschen einen friedlichen Tod erleben dürfen.

Liebe ist essentiell für gute Pflege

Als Gesellschaft müssen wir lernen, worum es bei der Pflege geht. Wir müssen lernen, was Selbstlosigkeit bedeutet. Wenn unsere Eltern und Angehörigen älter und krank werden, Göttliche Freunde, macht euch auf und teilt selbstlose Liebe mit ihnen.

Mit dieser Liebe können wir Mutlosigkeit und Verzweiflung in etwas sehr Schönes verwandeln. Diese Schönheit ermöglicht es, dass die Gnade Gottes sich im Moment des Todes manifestiert. Darum geht es bei der guten Pflege und auch bei der Palliativpflege.

Gute Palliativpflege beinhaltet das Körperliche, das Emotionale und das Spirituelle. Sie vereint die richtigen Medikamente, eine angemessene Umbegung und qualifizierte, liebevolle Betreuer. Am Wichtigsten ist, dass jede Schwingung, die mit der Pflege dieser Person zu tun hat, von Liebe untermauert sein muss. Denkt über diese Dinge nach,  göttliche Freunde, denn sie werden jeden einzelnen von euch betreffen.

Hört auf Gott in euch

Es war sehr beunruhigend, dass der ehemalige Erzbischof von Canterbury, der ein spiritueller Führer dieses Landes sein sollte, sich zur Unterstützung der Sterbehilfe bekannte. Meine Güte, dachte ich, dieser Mensch ist nur ein Intellektueller. Er hat nicht erlebt, wie die Gnade Gottes sich in einer scheinbar auswegslosen Situation manifestiert. Dieser Mensch hat es zugelassen, dass sein Unterscheidungsvermögen vollständig von Emotionen überrollt wurde.

Steht ein für die Wahrheit, göttliche Freunde. Steht ein für höhere Wertvorstellungen. Bitte lasst nicht zu, dass sie ausgehöhlt werden. Seid euch bewusst, dass wir im Kali Yuga leben, wo die Gesellschaft Druck auf uns ausübt. Druck von sachkundigen und gebildeten Menschen in Machtpositionen, die nicht von einem persönlichen Erlebnis mit Gott, mit Gnade oder Liebe sprechen.

Hört auf Gott in euch. Die Göttlichkeit in euch wird euch führen. Die Göttlichkeit in Form eures Gewissens wird euch helfen, gute Entscheidungen zu treffen, die auf Liebe, nicht Angst basieren. Wenn ihr in die Lage kommt, dass ihr euch um jemanden am Ende seines Lebens kümmert, scheut euch nicht, die Ärzte und das Pflegepersonal in Bezug auf die Medikation zu hinterfragen.

Skanda Vale ist da, um euch zu unterstützen. Wir werden euch, eure Familien und Angehörigen unterstützen, wenn sie älter werden … und wenn sie den letzten Abschnitt in ihrem Leben erreichen. Wir werden dies auf praktischer Ebene tun, indem wir ein stationäres Hospiz aufbauen. Wir hoffen, Ende dieses Jahres mit den Bauarbeiten zu beginnen. Unser neues Hospiz wird euch und euren Familien völlig kostenlos zur Verfügung stehen.

Ihr könnt uns mit Freiwilligenarbeit helfen und, indem ihr eure Fertigkeiten als Seva (selbstlosen Dienst) im neuen Hospiz zur Verfügung stellt. Wenn ihr Fähigkeiten habt, wenn ihr im Gesundheitswesen angestellt seid, verwendet diese Fähigkeiten, um der Gesellschaft mit Liebe zu dienen. Kommt und schliesst euch uns an auf dieser Endeckungsreise der selbstlosen Liebe, göttliche Freunde. Seid gesegnet.

Erfahre mehr über die Pläne der Skanda Vale Gemenischaft in Wales für den Bau eines neuen Hospizes.
Lies mehr über unsere Bemühungen, die Heiligkeit des Lebens hochzuhalten.

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2019-10-09T18:41:59+02:0026. August 2014|

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